Der Fingerhut

Roter Fingerhut in einem Hanggarten in Mülheim-Ruhr (PE)

 

Der Fingerhut ist ein bekannter und beliebter Blickfang für den sommerlichen Garten. Seine schlanken Blütentrauben recken sich in den Himmel und zaubern so Ausrufezeichen in jeden Garten. Als klassische Pflanze des Bauerngartens ist er ein

häufiges Gestaltungselement in romantischen und Cottage-Gärten. Der botanische Name Digitalis entstammt der lateinischen Sprache und ist abgeleitet von ´digitus´= der Finger. Im botanischen System gehört er in die Familie der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae). Seine Heimat ist im weitesten Sinne Europa, wo er an Waldrändern und Waldlichtungen zu finden ist. Besonders der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) breitet sich auf frisch gerodeten oder vom Sturm entblößten Waldflächen rasant aus.

 

Wer den Fingerhut in seinem Garten nicht missen möchte, der sollte stets im Auge behalten, dass der Fingerhut zu den Giftpflanzen gehört.

In allen Pflanzenteilen produzieren die Fingerhüte giftige Glykoside wie Digoxin (Digitalis lanata) oder Digitoxin (Digitalis purpurea), die bei Verzehr zu Vergiftungen mit tödlichem Ausgang führen können. Daher sollten Kleinkinder von ihnen ferngehalten und größere Kinder über deren Giftigkeit aufgeklärt werden. Neben ihrem zweifellos hohen Gartenwert haben Fingerhüte in der Pharmakologie große Bedeutung, da deren Glykoside zu hochwirksamen Heilmitteln bei Herzkrankheiten verarbeitet werden. Gift- und Heilwirkung hängen von der Dosis ab – wie schon Paracelsus gelehrt hat.

 

Die optische Wirkung der Blütenstände des Fingerhutes im Gartenbeet ist einfach berauschend – und kann bei Liebhabern die Seele von Lasten befreien. Wir können ihnen jedes Jahr entgegenfiebern, wenn wir in seiner Kultur berücksichtigen, dass er in seinem ersten Lebensjahr nur seine grüne Blattrosette ausbildet und erst im Folgejahr seine Blütenstände schiebt. Wollen wir also jedes Jahr blühende Fingerhüte im Beet haben, müssen im zweiten Jahr junge Fingerhüte nachgepflanzt werden. Nach dem Samenansatz im zweiten Jahr wintern die Fingerhüte in der Regel aus. Selten überwintern sie und blühen nochmals im dritten Jahr. Diese Eigenschaft hat dazu geführt, dass die Fingerhüte sowohl zu Zweijährigen als auch manchmal zu den Stauden gezählt werden.

 

Will man den Fingerhut im Garten durch Aussaat erhalten, ist das Offenhalten des Gartenbodens erforderlich – und das möchten wir eigentlich im pflegeleichten Staudengarten vermeiden. Da hilft nur ein Vorziehen von Pflanzen in Töpfen (Aussaat: März/April).

 

Wenn vom Gartenfingerhut die Rede ist, dann ist in der Regel der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) mit seinen Sorten ´Gloxiniaeflora´, ´Alba´, ´Apricot´, ´Foxi´ oder ´Pam´s Split´ gemeint. Daneben gibt es aber weitere gartenwürdige Arten wie etwa:

 

Rostiger Fingerhut (Digitalis ferruginea, mattgelb mit braunen Adern, VI-VIII, 180cm),

Großblütiger Fingerhut (Digitalis grandiflora, hellgelb und braungeadert, VI-VII, 100 cm),

Wolliger Fingerhut (Digitalis lanata, hellocker, wollig, dunkel geadert, VI-IX, 100 cm),

Gelber Fingerhut (Digitalis lutea, gelblich, kleinblumig, staudig, VI-VIII, 80 cm ).

Englischer Fingerhut (Digitalis x mertonensis, lachsrosa, staudig, V-VII, 120 cm) oder

Iberischer Fingerhut (Digitalis thapsi, purpurrosa, staudig, VI-VIII, 60 cm).

 

Da die meisten Fingerhutarten ursprünglich Waldrandpflanzen sind, bevorzugen sie Standorte im Garten, die ihrer natürlichen Umgebung nahe kommen - nährstoff- und humusreiche, durchlässige Böden im wandernden Halbschatten lichter Sträucher und Bäume sind da angesagt. Fingerhüte gedeihen aber auch in der vollen Sonne, wenn ihre bodenständige Blattrosette durch Gräser oder benachbarte Stauden teilweise vor direkter Sonnenbestrahlung geschützt wird. In der Gartenkultur und in Landschaftsparks sind sie sehr geschätzt. Zudem sind sie beliebte Nährpflanzen für Hummeln sowie für verschiedene kleine Wildbienen, welche bis in die Blütenzipfel kriechen können und in ihnen auch übernachten.

Text:            Ulrich Perpeet

 

Bilder:          Ulrich Perpeet (PE); Jochen Wegner (WE), Helga Meier (HM) und

                    Christiane Frost (FR) jeweils mit freundlicher Genehmigung aus ihren

                    Webseiten

 

Quellen:       Reif/Härtel, Foerster Staudenkompendium, Foerster Stauden GmbH,

                    5.Auflage 2012;

                    Jelitto/Schacht/Fessler, ´Die Freiland Schmuckstauden´, Ulmer Verlag

                    3. Auflage 1985;

                    Isabelle van Groeningen, ´Fingerhüte – Wundervolle Wildblumen / Das

                    Journal`,blog. koenigliche-gartenakademie.de, 14.Juni 2020.

 

Weitere Informationen zum Fingerhut:

 

Ein Artikel in den ´gartenansichten´ über den Fingerhut von Michael Stork:

http://www.gartenansichten.de/themen/gartenpflanzen-von-a-bis-z/128-fingerhut

 

Hervorragendes Bildmaterial über bekannte Fingerhutarten:

http://blumeninschwaben.de/Zweikeimblaettrige/Rachenbluetler/fingerhut.htm

 

Botanische Eigenarten des Fingerhutes (botanikus.de):

https://www.youtube.com/watch?v=g1BgyyidgLA

 

Pe, 06/22