Marguerite Hilling - eine Mutante von Nevada

´Marguerite Hilling´ im Deutschen Rosarium mit einem spontanen Rückschlag zu ´Nevada´ (Pe)

 

Ein Frühlingstraum mit überbordender Blütenfülle – das ist die Strauchrose ´Marguerite Hilling´, welche Anfang Mai / Anfang Juni ihre größte Blütenpracht entfaltet. Kein Wunder, dass die Besucher des Deutschen Rosariums im Westfalenpark sich an ihrem dichten Baldachin aus rosafarbenen Blüten nach der enthaltsamen Winterzeit nicht satt sehen können.

 

´Marguerite Hilling´ ist eine Knospenmutation der Strauchrosenhybride ´Nevada´, die 1927 als Kreuzung aus der Teehybride ´La Giralda´ mit einer Hybride von Rosa moyesii durch den bekannten spanischen Rosenzüchter Pedro Dot entstanden ist. Ob die Pollen, mit denen ´La Giralda´ bestäubt worden ist, tatsächlich von einer Moyesii-Hybride abstammen, darüber sind sich Rosenexperten nicht ganz sicher, da Rosa moyesii einen 6fachen Chromosomensatz (hexaploid) besitzt während ´La Giralda´ nur einen 4fachen (tetraploid) aufweist. Dem zu Folge müsste bei ´Nevada´ ein10facher (pentaploid) Chromosomensatz vorliegen. Das ist aber nicht der Fall: ´Nevada´ ist tetraploid (Wylie, 1959). Gerd Krüssmann und der englische Rosenzüchter Jack Harknes vermuten deshalb, dass statt Rosa moyesii eher der Pollen einer Rosa spinosissima (ebenfalls tetraploid) im Spiele ist, zumal Nevada

auch die bibernelltypischen schwarzen Hagebutten und Blätter ausbildet. Soweit zur Vaterschaft von ´Nevada´, aus der durch Knospenmutation die schöne ´Marguerite Hilling´ entstanden ist.

 

Was ist nun eine Knospenmutation? Mutationen sind sprunghaft auftretende Veränderungen im Erbgut und in der Regel ein Ereignis in einer einzigen Zelle, die diese Veränderung durch Zellteilung weitergibt. Geschieht das in einer Geschlechtszelle (Pollenzelle oder Eizelle) entwickeln sich nach einer Befruchtung Samen, die diese neue Eigenschaft auf die Nachkommenschaft weitergeben. Hierbei spricht man von einer Sämlingsmutation. Solche Mutanten lassen sich durch Aussaat vermehren.

 

Geschieht die Erbveränderung in einer teilungsfähigen Körperzelle wird diese durch Zellteilung auf die Folgezellen übertragen. Überall, wo Längen- und Dickenwachstum stattfindet, befinden sich teilungsfähige Körperzellen. Da solche Ereignisse besonders in den Triebspitzen geschehen, nennt man sie auch Knospenmutationen  (auch: ´Sport´ von…).Sie sind daher nur auf einem betroffenen Teil einer Pflanze zu finden.

Solche veränderten Pflanzenteile lassen sich nur vegetativ vermehren, weil das Erbgut von Geschlechtszellen nicht betroffen ist.

 

´Marguerite Hilling´ entstammt einer solchen Knospenmutation von ´Nevada´, die wahrscheinlich von ihrem Entdecker, dem Engländer Thomas Hilling (vor 1959) durch Okulation fixiert worden ist und von der Rosenschule T.Hilling & Co 1959 als Sorte in den Handel gebracht wurde. Da alle inzwischen so vermehrte Pflanzen das gleiche Erbgut besitzen und auf eine Ursprungspflanze zurückzuführen sind, werden sie als Klon bezeichnet. Solche Pflanzen neigen dazu, an einem Triebteil spontan zurückzuschlagen, das heißt, er mutiert zur Ursprungspflanze zurück. Dies lässt sich auch bei ´Marguerite Hilling´ beobachten. Sie zeigt dann an diesem Triebteil wieder die schneeweißen Blüten von ´Nevada´. Wem ein solcher Rückschlag nicht gefällt, kann den Zweig tief herausschneiden.

 

Übrigens: Die Namengebung ´Nevada´ ist auf die spanische Sierra Nevada zurückzuführen, deren schneebedeckte Bergkette den Züchter wohl dazu angeregt hat, seine schneeweiß blühende Züchtung ´Nevada´ zu nennen. Ihre rosafarbene Knospenmutation erhielt von ihrem Entdecker in England den Namen eines Familienmitglieds.

 

Die außergewöhnliche und frühe Blütenpracht der offenschaligen, karminrosafarbenen Blüten von ´M. Hilling´ lockt viele Insekten aufgrund ihres Pollenreichtums geradezu magisch an. ´M. Hilling´ wird als Großstrauch bis zu 250 cm hoch und fast ebenso breit. Die Einzelblüten sind recht groß und entwickeln nur etwa 10 Blumenblätter (Petalen). Das bogig überhängende schokoladenbraune Zweigwerk ist zur Hauptblütezeit im Mai / Juni über und über mit Blüten bedeckt, so dass ein Blütenbaldachin entsteht unter dem das Blattwerk wie versteckt wirkt. Die braunen Zweige sind nur gering bestachelt. Die gefiederten Blätter sind hellgrün, matt und relativ weich und können an windgeschützten Standorten im Spätsommer hin und wieder vom Sternrußtau befallen werden ohne jedoch die Rose merklich zu beeinträchtigen.  Das Gleiche gilt für ihre Stamm-Mutter Nevada. Beide remontieren im Spätsommer und Herbst, blühen dann allerdings längst nicht so üppig wie im Frühjahr.

Aufgrund ihrer enormen Winterhärte (USDA-Zone 3b = - 37°C bis – 34°C) werden beide Strauchrosen-Sorten von der Schwedischen Rosengesellschaft auch als geeignet für Nordschweden empfohlen.

 

Wer sein Vertrauen in ´Marguerite Hilling´ und / oder in ´Nevada´ legt, wird selbst als Rosenlaie nicht enttäuscht werden. Diese Strauchrosen sind äußerst robust und brauchen fast keine Pflege – aber Platz.

 

Über Mutationen: Siehe nachfolgenden Link!

https://de.wikipedia.org/wiki/Sport_(Biologie)

 

Eine Ahnentafel von Marguerite Hilling finden Sie im Netz unter:

http://www.rosegen.de

 

Text:             Ulrich Perpeet

Bilder:          Ulrich Perpeet

Quellen:       Gerd Krüssmann, „Rosen, Rosen, Rosen“, Verlag Paul Parey, 2. 1986

                    Jack L. Harknes, „Die schönsten Rosen der Welt, Edition Colibri, 1979

 

Pe, 02/19