Wildbienen - Naturschutz mit Faszination

Fuchsrote Sandbiene (HU)

 

Am Samstag, dem 19. Oktober 2019, hielt Diplomingenieur und Wildbienenfachmann Hermann Hunfeld vor Dortmunder Rosenfreunden einen überaus interessanten Vortrag über Wildbienen und deren Bedeutung für die Natur und damit für unsere Umwelt. Der mit großem Engagement und hoher Fachkompetenz dargebotene Vortrag hat die Teilnehmer gefesselt und bei ihnen einen tiefen Eindruck hinterlassen.

Hermann Hunfeld verglich in seinem Referat insbesondere die Wildbienen mit den Honigbienen und stellte dabei deren besondere Bestäubungsleistungen heraus, die uns verdeutlichten, welches große Potenzial in ihnen ruht und wie gefährdet dieses Potenzial heute durch menschliche Unwissenheit und Unachtsamkeit ist.

 

Wildbienen / Honigbienen

Wildbienen sind im Gegensatz zu Honigbienen Einzelgänger (Solitärbienen) während Honigbienen stets Völker mit tausenden Individuen nebst Königin bilden. Als Pollenspezialisten sind Wildbienen jeweils auf bestimmte Pflanzen angewiesen – etwa 50% sogar nur auf eine Pflanzenart - wohingegen die Honigbienen ein breit gefächertes Nährpflanzenangebot nutzen und daher auch als Pollengeneralisten bezeichnet werden.

 

In ihrer Bedeutung werden Wildbienen meist stark unterschätzt: Zusammen mit den Schwebfliegen und Hummeln übernehmen sie knapp 70% der Bestäubungsleistung bei Blütenpflanzen. Selbst in Regionen, wo die Honigbiene häufig ist, erhöhen sie maßgeblich den Fruchtansatz in landwirtschaftlichen Kulturen. Dank ihrer Artenvielfalt und ihrer unterschiedlichen Blütenpräferenzen sowie ihrer spezifischen Flugzeiten und Witterungsabhängigkeiten sind sie in der Regel effizienter als die Honigbienen. So ersetzen beispielsweise hundert Mauerbienenweibchen mehrere zehntausend Arbeiterinnen der Honigbiene in ihrer Bestäubungsleistung.

 

Die Flugdistanz der Wildbienen zwischen Nistplatz und Nahrungspflanze liegt optimal zwischen 50 und 300 m, weil sie sehr häufig hin und her fliegen müssen, um die Pollenvorräte für ihre Brut anzulegen (zwischen 10 und 30 Trachtenflüge pro Brutzelle). Mit zunehmender Entfernung nimmt der Fortpflanzungserfolg rasant ab. Die Arbeiterinnen der Honigbiene können dagegen 1.000 bis 3.500 m zu ihren Futterpflanzen zurücklegen. Das bedeutet, dass das Angebot von Nistplätzen und Nahrungspflanzen bei Wildbienen nahe beieinander liegen muss. Ausgeräumte und blütenarme Landschaften haben diese Ressourcen für Wildbienen aber seit Jahren stark eingeschränkt. Von rund 700 Arten in Europa gelten heute in Deutschland bereits 295 Arten als ausgestorben. Zudem sind je nach Region zwischen 25 bis etwa 70 % der noch nicht ausgestorbenen Arten stark gefährdet.

 

Was ist zu tun?

In der Landschaft, insbesondere in der Landwirtschaft, müsste das Angebot an struktur- und blütenreichen Flächen erhöht werden. In Siedlungsgebieten, Haus- und Schrebergärten sollte dem Prinzip der Naturnähe mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das heißt auch schon mal Wildkraut und Totholz tolerieren, Bienennährpflanzen mit Blühspektrum über die ganze Vegetationszeit vorhalten und geeignete Nisthilfen bereitstellen. Ein völlig aufgeräumter, wildkrautfreier Garten mit hohem Rasenanteil ist artenarm und damit insektenfeindlich. Die Spitze der Naturfeindlichkeit ist der heute mancherorts zu findende geschotterte Vorgarten.

Wildbienen zeichnen sich durch ein großes Artenspektrum aus. So sind in Deutschland regions- und futterpflanzenabhängig noch Masken-, Furchen-, Mauer-, Schmal-, Seiden-, Löcher-, Sand-, Pelz-, Woll-, Scheren-, Hosen-, Zottel- oder Holzbienen in unterschiedlicher Siedlungsdichte anzutreffen. Um sie zu erhalten oder wieder anzusiedeln ist es erforderlich, dass geeignete Nistplätze, ein artenreiches Nahrungsangebot und Baumaterial für den Nestbau in unmittelbarer Nähe zur Verfügung stehen.

 

Nährpflanzen und Nisthilfen

Viele im Handel befindliche ein-, zwei- und  mehrjährige Kräutermischungen sind zur Anlage einer Blumenwiese geeignet, wenn das Saatgut nicht überjährig ist und der Boden mit grobem Sand abgemagert worden ist. Auch eine artenreiche Staudenrabatte mit einem Blühspektrum vom Frühjahr bis Herbst ist hilfreich. Zu den Nährpflanzen aus dem Bereich der Wiesenkräuter zählen zum Beispiel Hunds- und Färberkamille, Wiesen- und Rapunzelglockenblume, Wegwarte, Pippau, Korn- und Flockenblume, Wilde Möhre, Natterkopf, Klatschmohn, Färberwaid, Reseda oder Ackersenf.  Zu den für Wildbienen besonders empfehlenswerten Stauden gehören beispielsweise

Katzenminze, Lungenkraut, Ziest, Salbeiarten, Oregano, Lavendel, Malve und als besonders später Nahrungsanbieter der Steinquendel. Auch blühende Gehölze können das Nahrungsangebot verbessern wie etwa Obstbäume, Scheinquitte, Rosen mit offenschaligen Blüten wie etwa das sogenannte Bienenweidesortiment, Zwergmispeln oder andere Rosengewächse. Letztlich gilt:

Je artenreicher die Flora und je gleichmäßiger die Verteilung ihrer Blühzeiträume über die Vegetationsperiode umso besser für die Wildbienen!

 

Neben einem guten Nährpflanzenangebot müssen Wildbienen auch geeignete Nistmöglichkeiten und Baumaterialien für ihre Brutnester vorfinden. So benötigen Erdbienen offene, sandige und eher trockene Bodenstellen; Holzbienen möglichst angemorschtes und mindest armdickes Totholz auf einem Holzhaufen und viele in holzigen Röhren nistende Bienen hohle oder markhaltige Stängel wie Holunder, Brombeere, Königskerze, Schilf, Hirschknöterich oder Bambus.  In selbstgefertigten Insektenhotels  können diese zu etwa 20 cm langen Röhren gebündelt waagerecht in Holzrahmen eingebracht werden. Bei Bambus empfiehlt Herr Hunfeld, den Bambus jeweils mittig zwischen den Nodien zu trennen und die Schnittstelle zum Schutz gegen Flügelverletzungen glatt zu schmirgeln. So entstehen jeweils zwei Röhren, die hinten durch die Mittelwand des Nodiums verschlossen sind. Brutröhren lassen sich auch in den Querschnitt von Holzklötzen aus Eiche oder Esche bohren. Dabei sollten die verwendeten Holzbohrer qualitativ hochwertig sein, einen Querschnitt von 3 bis 8 mm aufweisen. Glatte Löcher lassen sich nach der Erfahrung des Referenten nur mit hoher Bohrerdrehzahl und geringem Vorschub erzielen. Die Bohrlochtiefe sollte etwa 15 bis 18 cm betragen. Für Wildbienen, die in lehmigen Steilwänden ihrer Brutröhren anlegen, lässt sich in einem etwa 20 cm hohen Holzrahmen mit Bodenplatte eine sandige Lehmschicht leicht feucht einbringen und schichtweise festklopfen. Dieser lehmgefüllte Rahmen kann dann senkrecht in das Insektenhotel eingebaut werden. Von eingebauten Lochziegeln und drahtverschlossenen Feldern mit Kiefernzapfen in oft zu sehenden Insektenhotels hält der Referent gar nichts. Zum Schutz vor dem räuberischen Specht kann ein Drahtgitter helfen, dessen Maschenweite den Bienen den Durchflug noch ermöglicht.

 

Die fachlichen Ausführungen des Referenten zu diesem Sektor des Naturschutzes

haben bei vielen Rosenfreunden einen tiefen Eindruck hinterlassen, weil die Begeisterung des Vortragenden immer wieder spürbar war. Neben schönen Makroaufnahmen von Wildbienen und Blüten ihrer Nahrungspflanzen unterstützte  das auf einem Tisch dargebotenes Anschauungsmaterial wie Nisthilfen, Blumensamen und Fachliteratur den Vortrag: hier konnten die Teilnehmer Originale in Augenschein nehmen, anfassen, begutachten, nachfragen und auch erwerben.

 

Herr Hunfeld hat mit dem Thema ´Wildbienen´ den Rosenfreunden ein faszinierendes Segment des Naturschutzes sehr überzeugend nahegebracht und sie dazu angeregt, auch im Umfeld des eigenen Gartens oder Balkons etwas für die Wildbienen zu tun. Die Rosenfreunde Dortmund danken ihm nochmals an dieser Stelle für den schönen Nachmittag.

Text:    Ulrich Perpeet

Bilder:  Hermann Hunfeld (HU) und Ulrich Perpeet (PE)

 

Weitere Informationen über Wildbienen:

https://www.deutschland-summt.de/wildbienenarten.html

 

Einen wunderbaren Film mit Makro- und Zeitraffer-Aufnahmen über Wildbienen hat der bekannte Naturfilmer Jan Haft verfasst; er dauert etwa 45 Minuten. Sie können ihn verfolgen, indem Sie auf nachfolgenden Link klicken:

 

https://www.youtube.com/results?search_query=biene+majas+wilde+schwestern+mediathek

 

Pe, 11/19