Afternoon Tea in den schönsten Gärten Englands

Cottages von Bibury am Flüsschen Coln; Autor: (LeighCousins [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], von Wikimedia Commons)

 

Der mit gut 90 Teilnehmern besuchte Vortrag der Gartenjournalistin Anja Birne im Ballettzentrum des Westfalenparks am Samstag, dem 17. November 2018 führte die Teilnehmer in die Cotswolds - eine Region von herausragender natürlicher Schönheit. Nicht umsonst wird die Region mit ihren sanften und sattgrünen Hügellandschaften, in welche viele pittoreske Dörfer eingebettet sind, als das ´Herz von England´ bezeichnet.

 

Die Cotswolds erstrecken sich über eine Fläche von etwa 2.000 km² geographisch ungefähr in einem Dreieck zwischen den Städten Oxford, Cheltenham und Bristol.

Den größten Anteil der Cotswolds haben die drei Grafschaften Oxfordshire, Warwickshire und Gloucestershire. Mindest so eindrucksvoll wie Landschaft sind die reet- oder steingedeckten Cottages aus dem heimischen honigfarbenen Kalkstein, die unzähligen Steinmauern und die im Mittelalter entstandenen Wollkirchen. Der flachgründige, steinige Kalkboden ließ sich damals ohne Maschinen nicht bearbeiten, so dass die Schafzucht für lange Zeit der einzige Wirtschaftszweig war. Die hervorragende Schafwolle verhalf der Region zu besonderem Ruf und schnell zu großem Wohlstand. Davon zeugen idyllische Dörfer, malerische Schlösser und Herrenhäuser und viele traumhafte Gärten. Der Besucher der Cotswolds fühlt sich durch den historischen Charme gleichsam ins Mittelalter versetzt und kann entspannen, regenerieren und so eine Auszeit von der modernen, hektischen Welt nehmen.

 

Die Bilderreise der Referentin nahm ihren Ausgangspunkt in ´Frinton on Sea´, wo Entspannung von der Anreise durch einen Strandspaziergang angesagt war.

 

Erstes Highlight auf dem Weg in die Cotwolds boten die Gartenanlagen von `Beth Chatto´: Ein Vorzeigeobjekt für standortgerechte Gartengestaltung und für einfühlsame Pflanzenkompositionen, die wie Gemälde wirken. Besonders der an die Bodenverhältnisse angepasste Trockengarten (Dry Garden) und das Pflanzenbiotop in der Senke um den lehmgedichteten Gartenteich sind äußerst beeindruckend.

 

Etwa 18 km nördlich von Oxford liegt ´Rousham House´, der Landsitz der Familie Cottrell-Dormer mit einem naturhaft gestalteten Garten, der sich über eine Blickachse in die grüne Hügellandschaft weitet. Ein Graben ist optisch in der Landschaft versteckt (Haha als Gestaltungsmittel)) und in der Ferne wird die Bewegung der Wolken und weidenden Schafe in den Garten einbezogen. Bewegung bringen zudem die Wasserkaskaden sowie die Wolkenspiegelung in einem angelegten Wasserbecken.

 

´The old Rectory´ ist ein altes Pfarrhaus, das ehemals auch als Dorfschule fungiert hat. Der Privatgarten der heutigen Besitzerin ist ein architektonischer Garten. Das Gebäude ist mit Pflanzen berankt, Sandsteinmauern und Formschnittgehölze (Topiary), Hecken und Durchgänge strukturieren den Garten, der in einen Hausgarten und einen Obstgarten mit naturhafter  Blumenwiese übergeht. Die Blumenwiese wird nur durch einen gemähten Weg unterbrochen. Blumenwiesen für das Überleben von Insekten sind in England ein Riesenthema, wie die Referentin ausführte.

 

´Rodmarton Manor´ ist ein großes Landhaus, das im Stil der Arts-and-Crafts-Bewegung im frühen 20. Jahrhundert mit den heimischen, honigfarbenen Kalksteinen gebaut wurde, die mit der Zeit vergrauen. Die zugehörigen Gartenanlagen bestehen aus einzelnen Gartenkammern, die durch Formschnitthecken aus Eiben und Steinmauern eingegrenzt sind. Heckenöffnungen gewähren den Blick in die umgebende Landschaft. Ein Weg mit doppelseitigem Staudenborder vor geschnittenen Eibenhecken läuft auf ein Gartenhäuschen zu, das vor einer hohen Gehölzkulisse steht. Ein Topiary-Bereich, ein Pavillon mit Teich und Sitzgelegenheiten, ein Küchengarten mit Obstbäumen sowie ein versunkener Garten sind weitere Kammern der Anlage.

 

´Bourton House´: Ein 3 ha großer Garten umgibt das schöne Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert, der vom Fachpersonal von Hidcote Manor Garden mitgestaltet und gepflegt wird. Wunderschöne Staudenborder in Gelb-Orange-Rottönen oder in Blau-Rosa als Verstärkung der Weite mit Ausblick in die Landschaft sowie die Formschnitthecken sind für die Gartenanlage bestimmend. Der grüne Garten ist gekennzeichnet durch einen großen Cornus controversa ssp.variegata, der wie ein Lichtblick in einem dunklen Gartenraum wirkt und ihn wie einen Scherenschnittgarten erscheinen lässt.

 

´Hidcote Manor´: Das Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert und das große zugehörige Grundstück von Hidcote wurde von einer Amerikanerin Anfang des 20. Jahrhunderts erworben. Ihr Sohn Lawrence Johnston konzipierte ab 1907 die Gartenanlage und begann auf dem etwa 200 m hohen Plateau mit der Pflanzung von Hecken und Bäumen, weil die ursprünglichen Baumbestände im späten Mittelalter dem Schiffsbau zum Opfer gefallen waren. Als leidenschaftlicher Pflanzensammler war er mit dem bekannten Pflanzenjäger Ernest Henry Wilson unterwegs und hat aus dem Himalaya viele neue Pflanzen mitgebracht. Seine Leidenschaft ging so weit, dass er als Chinese verkleidet viele Teesorten nach England schmuggelte – wie es die Überlieferung sagt. Hidcote wuchs zu einem Modellgarten des architektonischen Stils mit vielen fremdländischen Pflanzen. Besonders bemerkenswert ist die riesige Libanonzeder, die ein Teil des Hauses und hausnahen Gartens beschattet. 1948 übernahm der National Trust die Anlage.

 

´Kiftsgate Court´: Einige hundert Meter von Hidcote entfernt liegt noch etwas höher das Einfamilienhaus Kiftsgate, das 1918 von den Großeltern der heutigen Besitzer Jack und Heather Muir gekauft wurde. Von ihrem Nachbarn Lawrence Johnston ermutigt, begann Heather Muir auf dem Hausgelände Hecken zu pflanzen und Gartenräume anzulegen. Der nach Westen ausgerichtete steile Hang wurde von ihr mit Hilfe italienischer Gärtner in den 30er Jahren in Angriff genommen. Tochter und Enkeltochter bauten die Gartenanlage weiter aus. Außergewöhnlich und besonders ins Auge fallend sind der neue Wassergarten und der kiefernbestückte Hanggarten mit traumhaftem Blick über ein halbrundes Wasserbecken in die tiefer liegende Landschaft. Weltweit bekannt sind die Gärten auch durch die angeblich größte Rose Englands namens ´Kiftsgate´ (Rosa filipes ´Kiftsgate´). Sie wurde 1938 gepflanzt und hat mit 15 m Höhe eine alte Buche erklettert. Der zunächst unbekannte, duftende und stark wüchsige Rambler erhielt 1951 seinen botanischen Namen durch den englischen Rosenzüchter Graham Stuart Thomas.

 

´Broughton Grange´: Das Anwesen wurde 1992 vom heutigen Besitzer von der Familie Morell gekauft, nachdem es gut 200 Jahre in deren Besitz war. Die Bepflanzung der älteren Gartenanlage geht auf die viktorianische Zeit zurück. Ab 2001 wurde der führende Landschaftarchitekt Tom Stuart-Smith beauftragt, ein 6 ha großes, nach Süden ausgerichtetes Feld in einen ummauerten Garten umzuwandeln.

Es entstanden drei individuell gestaltete Terrassen in Anlehnung an toskanische Gärten mit starkem Bezug zur umgebenden Landschaft. So gibt es zum Beispiel eine Pflanzfläche mit Beeten aus Sommerblumen und Stauden, die mit organischen Heckenstrukturen unterteilt sind, eine Hainbuchenlaube sowie eine Wasserrinne, deren fließendes Wasser in ein rechteckiges Wasserbecken mündet, welches einen Übergang zu einem Gartensitzplatz hat. Im nachfolgenden Feld wird seit 2003 ein

bedeutendes Arboretum angelegt. Die gesamte Anlage gilt heute als eine der bedeutendsten privaten zeitgenössischen Gärten in Großbritannien.

 

`Chipping Campdon´ ist ein charmantes  Beispiel  für eine frühe Stadtplanung aus dem 12. Jahrhundert, deren Hauptstraße dem Lauf des kleinen Flusses Cam folgt.

Der Ort wuchs im Mittelalter zu einem Handelszentrum für die sehr begehrte Wolle der langrückigen Cotswold-Lion-Schafe, das mit der Ansiedlung vieler kleiner Handwerksbetriebe einherging. Die lebendige Tradition des Handwerks, die romantischen reetgedeckten Steinhäuser, die umgebende, unverbaute Landschaft, das feine Kunsthandwerk sowie die stilvollen Unterkünfte machen das Städtchen zu einem einzigartigen und attraktiven historischen Kleinod, das der Besucher der Cotswolds nicht versäumen sollte.

 

´Snow Hill Manor´ ist ein typisch englisches Herrenhaus, das bis zum 16. Jahrhundert als Kloster gedient hat und danach durch verschiedene Besitzer mehrfach umgebaut wurde. Der letzte Besitzer - Charles Paget Wade – war vor allem leidenschaftlicher Sammler und trug bis zur Übergabe seines Anwesens an den National Trust im Jahre 1951 über 22.000 Objekte zusammen, besonders Spielzeug, Musikinstrumente, Uhren und Samurai-Rüstungen. Der zugehörige Garten entstand in den 20er Jahren und umfasst mehrere Gartenräume, die unter anderem seine Faszination für Farben und Düfte ausstrahlen. Neben formalen Beeten, Terrassen und Teichen gehören zu der Gartenanlage ein Küchengarten, mehrere Obstgärten und ein alter Taubenschlag.

 

´Bibury´ gilt als das schönste Dorf in den Cotswolds, zumindest nach der Aussage des bekannten Malers und Dichters William Morris. Seine honigfarbenen alten Cottages waren ursprünglich die Wohnstätten der Weber, die in der benachbarten Arlington Mill arbeiteten. Besonders attraktiv ist der Blick auf die Ansammlung dieser Steinhäuser, wenn man über den Fluss auf die Arlington Row schaut. Schöne Fotos lassen sich auch von der alten Flussbrücke, von der Wasserwiese oder von den kleinen Hausgärtchen schießen, wobei ein rein grüner, geschnittener Heckengarten oder ein Küchengarten mit Einfassung von Katzenminze ins Auge fallen. Für Fotografen fällt die Motivauswahl in Bibury nicht schwer und im Zeitalter der Digitalfotografie können es schnell dreistellige Zahlen werden.

 

Das Resümee aus diesem schönen Vortrag: Wer die Cotswolds bisher nicht kannte, bei dem hat Anja Birne ein Feuer entzündet.

Rosenfreunde, Staudenfreunde und teilnehmende Gäste bedanken sich nochmals auf diesem Wege ganz herzlich bei der Referentin. Die Meisten von ihnen werden das Feuer weitertragen.

Text:    Ulrich Perpeet

Bilder:  Anja Birne (BI), Ulrich Perpeet (PE), Wikimedia Commons (WMC + Autor)

 

Ein Youtube-Filmstreifen über die Cotswolds:

https://www.youtube.com/watch?v=hfAS8ozqOfU

 

Ein Youtube-Filmstreifen über Kiftsgate Court Garden:

https://www.youtube.com/watch?v=egNs7qXTE60

 

Ein Youtube-Diastreifen über Hidcote Manor Garden:

https://www.youtube.com/watch?v=PrBvqHV6VHo

Pe, 11/18