Rosenzüchtung im 20. Jahrhundert

Bodendeckerrose ´Heidetraum´ am Ufer des Bodensees

 

Am Samstag, dem 16. März 2024, war Thomas Proll - Züchtungsleiter der Rosenschule Kordes in Schleswig-Holstein - bei den Dortmunder Rosenfreunden zu Besuch und hielt im Ballettzentrum des Westfalenparks einen überaus spannenden Vortrag über die Züchtungsgeschichte der Modernen Rosen.

 

Er begann die Zeitreise mit den Züchtungen von Reverend Pemberton und dem Ehepaar Bentall und wies darauf hin, dass diese sich bei ihrer Arbeit in erheblichem Maß auf die Züchtungskreationen von Peter Lambert gestützt haben. Pemberton zielte besonders auf hohe Blattgesundheit und Duft und nannte diese Rosengruppe ´Moschata-Hybriden´. Der Begriff hat sich durchgesetzt, obwohl diese Gruppe nicht auf Rosa moschata sondern größtenteils auf den Kreuzungspartner Rosa multiflora zurückzuführen ist.

 

Stichwort ´Floribunda`

Durch Einkreuzen von Tee-Hybriden in die klein- und vielblütigen Rosen (Polyanthas) entstand eine neue Rosenklasse, die die Reichblütigkeit der Polyantha-Rosen mit der Großblütigkeit der Tee-hybriden verband (Floribundas). Züchtungsbeispiele sind ´Else Poulsen´(1924) von Poulsen/ Dänemark, ´Garnette´(1942) von Tantau oder ´Scheewittchen´(1958) von Kordes. Beide Klassen werden heute auch als Beetrosen

bezeichnet.

 

Stichwort ´Frosthärte´

Mit dem Einkreuzen von Tee-Hybriden handelten sich die Rosenzüchter allerdings eine verringerte Winterhärte ein, deren Verbesserung nun im Focus stand. Dieser Aufgabe widmete sich insbesondere Wilhelm Kordes II (1891 – 1976), indem er Wildarten wie Rosa macrantha oder Rosa spinosissima var.altaica einkreuzte. Letztere erbrachten die bekannten Frühlingssorten wie ´Frühlingsgold´, ´Frühlingsduft´ und andere, jedoch gelang ihm damit zunächst nicht die Barriere des Einmalblühens zu überwinden.

 

Der Durchbruch kam erst mit der sehr winterharten Sorte ´Max Graf´ (Bowditch 1919), die er für steril hielt, an der er aber 1940 eine Hagebutte fand, und die ihm drei Sämlinge einbrachte. Zwei hatten Rugosa-ähnliches Laub und einer eher Wichurana-ähnliches Laub, der sich später als extrem frosthart herausstellte. Er wurde botanisch inkorrekt als Rosa x kordesii bezeichnet und avancierte zur maternalen und paternalen Basis vieler winterharter Kletterrosen, den sogenannten Kordesii-Hybriden wie ´Leverkusen´, ´Rote Max Graf´, ´Ilse Krohn´ oder ´Dortmund´.

 

Stichwort ´Öfterblühen´

Das über das Jahr verteilte mehrfache Blühen am einjährigen Holz ist Folge einer Mutation. Diese  für den Rosenliebhaber  wünschenswerte Eigenschaft Moderner Rosen  ist aus der Sicht der Natur weniger sinnvoll, da beim später Blüte im Herbst die Hagebutten nicht mehr ausreifen und damit keinen natürlichen Nachwuchs ergeben können.

Zur Entwicklung des Öfterblühens bei den Modernen Rosen haben die remontierenden Portland-, Bourbon-, Noisette- und Remontant-Hybriden beigetragen, in denen das Blut der China-Rosen fließt. Eine weitere Quelle ist in den Wildrosen Rosa multiflora und Rosa wichurana zu sehen, die eingekreuzt wurden.

Durch mehrere Jahrzehnte Züchtungsarbeit ist es gelungen das mehrfache Blühen in alle Typen Moderner Rosen einzukreuzen. Ein leuchtendes Beispiel unter den weichtriebigen Kletterrosen ist der Rambler ´Guirlande d´ Amour´ von Lens (1993), der als einer der besten Kletterrosen gilt. Die Eltern dieses reich- und öfterblühenden, blattgesunden, duftenden und wuchsstarken Ramblers sind ´Seagull´ x (Rosa multiflora ´Nana´ x ´Moonlight´). Auch in der Klasse der Rambler kommen immer mehr öfterblühende Sorten auf den Markt.

 

Stichwort Blütenfarbe Gelb

Mit der Fuchsrose - Rosa foetida - kam die Farbe Gelb in das Rosensortiment. Ihre gute Winterhärte wurde allerdings begleitet von der hohen Anfälligkeit gegenüber der Blattkrankheit Sternrustau. Durch das mehrfache Einkreuzen von Tee-Hybriden gelang es dem französichen Züchter Pernet-Ducher zwar ein mehrfaches Blühen zu erreichen, leider ging aber dadurch die gute Frosthärte verloren. Das führte dazu, dass gelbe Rosen lange als kränklich und empfindlich galten. Über die Sorten ´Sunmist´ und ´Claire Grammerstorf´sowie ´Obergärtner Wiebeke´, welche paternal auf Rosa rubiginosa ´Magnifica´ zurückgeht, gelang Wilhelm Kordes wieder eine gute Winterhärte einzukreuzen, die sich in den neuen gelben Sorten wiederfindet.

 

Stichwort Kleinstrauchrosen

In den 1960er/1970er Jahren lag der Schwerpunkt der Züchtung einerseits auf der Entwicklung verbesserter Tee-Hybriden, die in dieser Zeit die höchste Popularität erreichten. Andererseits lag das Augenmerk auch auf der Fortentwicklung von Floribunda-Rosen für monochrome Rosenflächen, die dem damaligen Zeitgeist entsprachen.

 

Aus der Zusammenarbeit der Firma Strobel mit der französischen Rosenschule Meilland ging Ende der 1970er Jahre ein neuer Rosentyp hervor, der schnell Bedeutung im öffentlichen Grün erlangte. Blühreichtum und Pflegeleichtigkeit der flach wachsenden Kleinstrauchrosen (Bodendeckerrosen) wurden stärker nachgefragt als die mehr aufrecht wachsenden Floribunda-Rosen. Daraufhin zogen auch andere Züchterhäuser nach und befassten sich mit der Züchtung von bodendeckenden Rosen. So das Züchterhaus Kordes, dessen Züchtungsleiter Jochen Klitscher die Wichurana-Hybride ´Temple Bells´ mit ´The Fairy´ kreuzte und als Ergebnis den Bodendecker ´Immensee´ erhielt, der sich als äußerst gesund und frosthart erwies allerdings nur einmal blühend war. ´Immensee´ erreichte deshalb als Bodendecker wenig Bedeutung als wertvoller Züchtungspartner dagegen wohl, denn Werner Noack kreuzte sie mit seiner Floribunda-Rose ´Amanda´ und erzielte damit den Glückstreffer `Heidetraum`(1988). ´Heidetraum´ wurde mit zahlreichen Preisen überhäuft und 2022 zur Weltrose gekürt. Blattgesunde und öfterblühende Kleinstrauchrosen bieten inzwischen alle Züchterhäuser an.

 

Die Teilnehmerschaft dankte dem Referenten Thomas Proll für seinen beeindruckenden Vortrag über die Züchtungsgeschichte der Rosen im 20. Jahrhundert mit lang anhaltendem Beifall. Herr Proll war eigens für diesen Vortrag aus  Schleswig-Holstein mit dem Privat-PKW angereist und fuhr auch am gleichen Tag wieder zurück. Für dieses außergewöhnliche und persönlich belastende Engagement bedanken sich die Rosenfreunde Dortmund bei dem Referenten nochmals ganz herzlich.

 

 

 

Text:      Ulrich Perpeet

Bilder:    Ulrich Perpeet

Quellen: Vortrag Thomas Proll vom 16. März 2024; Artikel ´Rosen im Wandel der

              Zeiten des 20.Jahrhunderts´ von Thomas Proll in der Zeitschrift gp 03/2024

 

Pe, 04/24